Ein Gespräch mit Schauspieler und Theaterpädagoge Irfan Taufik über Mut, Bildung und den Weg in den Beruf
Ob Theater, Film oder interkulturelle Projekte: In Nürnberg kennt man Irfan Taufik. Der Schauspieler und Regisseur wurde im Nordirak geboren und lebt seit fast 30 Jahren in der Frankenmetropole. Was ihn auszeichnet: Leidenschaft, Disziplin – und der feste Glaube daran, dass Bildung alles verändern kann. In seinem Theaterlabor gibt er Jugendlichen eine Bühne, besonders jenen mit Fluchterfahrung. Wie schafft man den Sprung ins Berufsleben? Und warum sind Fehler dabei wichtig? Das erzählt er im Interview mit dipolo.
dipolo: Herr Taufik, Sie sind aus dem Nordirak geflüchtet, stehen heute als Künstler auf Nürnberger Bühnen und arbeiten mit Jugendlichen. Wie hat Ihr Neustart begonnen?
Irfan Taufik: Als ich nach Deutschland kam, wollte ich einfach nur wieder Theater machen. Ich habe mit gebrochenem Deutsch bei einer Gruppe angerufen, die Mitspieler gesucht hat. Ich bin hingegangen – das war mein Türöffner. Dann kam ein Praktikum, später eine Ausbildung. Der Weg war nicht einfach, aber möglich. Wenn man etwas wirklich will, findet man einen Weg.
dipolo: Was würden Sie jungen Leuten raten, die nach dem Abi nicht wissen, wohin?
Irfan Taufik: Hör auf dich selbst, nicht auf andere. Was interessiert dich wirklich? Leidenschaft ist wichtiger als Noten. Und dann: dranbleiben. Ich habe Schauspiel geliebt, aber ohne Fleiß hätte es nicht funktioniert. Schauspiel ist kein Hobby, es ist harte Arbeit. Das gilt für jeden Beruf. Du musst nicht perfekt sein, aber bereit, dich zu entwickeln und für deine Träume brennen.
dipolo: Was macht Ihnen in Ihrer Arbeit mit jungen Menschen am meisten Freude?
Irfan Taufik: Zu sehen, wie sie wachsen. Viele Geflüchtete kommen mit wenig Selbstvertrauen. Im Theaterlabor lernen sie, sich auszudrücken, manchmal ohne Worte. Wenn sie zum ersten Mal laut sprechen, sich zeigen, eine Rolle finden: Das ist Magie. Und plötzlich merken sie: Ich kann etwas. Ich bin nicht allein.
dipolo: Gab es für Sie selbst Momente, in denen Sie fast aufgegeben hätten?
Irfan Taufik: Natürlich. Die Sprache war eine Riesenhürde. Ich wurde auch oft unterschätzt. Aber ich hatte Vorbilder: meine Familie, meine Lehrer. Und ich habe mich immer gefragt: Warum habe ich diese Flucht überlebt? Um etwas zu bewirken. Heute gebe ich das weiter. Jeder hat eine Geschichte, jeder hat ein Talent.
dipolo: Was möchten Sie jungen Menschen mitgeben?
Irfan Taufik: Traut euch. Probiert euch aus. Fragt nach Hilfe. Fehler gehören dazu. Ich bin oft gefallen, aber ich bin immer wieder aufgestanden. Und irgendwann kommt der Moment, in dem man merkt: Jetzt bin ich angekommen. Und dann geht’s richtig los.
Info
Der Schauspieler, Theaterpädagoge, Regisseur und Filmemacher wurde am 08.03.1975 in Sulaimaniyya geboren und lebt seit 1997 in Nürnberg. Seit seinem neunten Lebensjahr steht Irfan Taufik auf der Bühne. Er war Ensemblemitglied eines experimentellen Theaters im Nordirak, bevor er 1996 aus politischen Gründen fliehen musste. In Nürnberg fand er eine neue künstlerische Heimat. Nach seinem Schauspielabschluss arbeitete er unter anderem am Staatstheater Nürnberg, Gostner Hoftheater, Theater Rootslöffel und mit internationalen Ensembles. 2002 gründete er das interkulturelle Theaterlabor Nürnberg, eine freie Theatergruppe für Geflüchtete und Einheimische. Seit 2024 ist er zudem künstlerischer Leiter des Vereins Thevo – Theater von Menschen für Menschen. Für sein Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet. Allein 2025 erhielt er den Bayerischen Integrationspreis und den Demokratiepreis der Nürnberger Nachrichten.