Technik

Reißfest, farbecht und wasserdicht

Wann reißt eine Faser? Bei welcher Waschtemperatur läuft ein Stoff ein? Marie Gräber (22) studiert im dualen Modell Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein. Dank ihrer Ausbildung zur Textillaborantin, die sie parallel ­absolviert hat, kennt sie sich mit unterschiedlichen Prüfverfahren bestens aus.

  • Seit ihrem Ausbildungsabschluss zur Textillaborantin studiert die 22-Jährige in Vollzeit und unterstützt ihre Kollegen in der Prüfstelle als studentische Hilfskraft. | Foto: Özlem Ecken
  • Bis zu 300 chemische und physikalische Verfahren bietet die Prüfstelle an. Hier führt Marie Gräber etwa eine Gewebeprüfung am Wasserdruckgerät durch. | Foto: Özlem Ecken
  • Zu den Aufgaben der dualen Studentin gehört unter anderem, zu prüfen, wie strapazierfähig und scheuerbeständig bestimmte Textilien sind. | Foto: Özlem Ecken

T-Shirts, Feuerwehranzüge, Autositze, Teppiche, OP-Kittel oder Lampenschirme – in der Öffentlichen Prüfstelle für das Textilwesen der Hochschule Niederrhein im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik werden unterschiedliche Textilien auf ihre besonderen Eigenschaften getestet. „Wir sind ein akkreditiertes Prüfinstitut und bieten bis zu 300 unterschiedliche physikalische und chemische Verfahren an“, fasst Marie Gräber zusammen.

Was genau geprüft wird, geben die Kunden vor, die überwiegend aus der Industrie stammen und Proben einschicken. „Wir begutachten beispielsweise, wie wärmedurchlässig oder reißfest ein bestimmtes Gewebe ist. Auch sogenannte Beregnungsprüfungen führen wir durch, um festzustellen, ob ein Produkt wasserdicht ist“, erläutert sie. Außerdem testet sie Textilien auf ihre Farbechtheit und schaut, ob sie unter dem Einfluss von Schweiß, Wasser oder Licht abfärben. „Auch die Reibechtheit spielt eine Rolle. Ein Beispiel hierfür, das jeder kennt, ist die schwarze Jeans auf weißem Sofa.“

Sorgfältig und durchdacht vorgehen

Steht eine Prüfung zur Reißfestigkeit eines Textils an, bereitet Marie Gräber zunächst die Stoffprobe vor, indem sie von Hand einen Streifen herausschneidet und diesen in eine Zugmaschine einspannt. „Dann messe ich die Dehnfähigkeit und bei welcher Krafteinwirkung das Textil zu reißen beginnt.“ Um aussagekräftige Messwerte zu erhalten, testet sie je nach Prüfverfahren zwischen fünf und 50 Proben. Die Arbeit erfolgt nach genau festgelegten Normen, und die vorgegebenen Parameter müssen strikt eingehalten werden, da schon kleine Abweichungen das Ergebnis verfälschen können. „Es ist wichtig, sehr sorgfältig und durchdacht vorzugehen; gewisse feinmotorische und handwerkliche Fertigkeiten sind dabei von Vorteil“, schildert die junge Frau ihre Erfahrungen. Sind alle Tests durchgeführt, wird ein Untersuchungsbericht erstellt, der die Ergebnisse genau dokumentiert.

Vollzeitstudium nach Ausbildung

Diese Aufgaben erfüllt Marie Gräber routiniert und selbstständig. Ihre Ausbildung zur Textillaborantin hat sie bereits im Sommer 2017 als Landesbeste in NRW abgeschlossen. Seitdem studiert sie – mittlerweile im siebten Semester – an der Hochschule Niederrhein in Vollzeit. KIA nennt sich das Modell, „kooperative Ingenieurausbildung“. Aber in der Prüfstelle, die mit der Hochschule Niederrhein zusammenarbeitet und sich auf dem Campus befindet, ist sie weiterhin anzutreffen. „Ich unterstütze hier nun als studentische Hilfskraft und widme mich weiterhin unterschiedlichen Prüfverfahren.“

Schwerpunkt textile Technologien

Im Grundstudium beschäftigte sie sich mit BWL, VWL, Kostenrechnung, Mathe, Chemie, Mechanik und belegte grundlegende Textilfächer wie Fadenherstellung. Ihren Studienschwerpunkt im Hauptstudium hat die 22-Jährige auf Textile Technologien gelegt. Hier geht es um Technologien der Spinnerei, Weberei, Strickerei und Veredlung. Außerdem stehen Themen wie technische Textilien, Färberei und Druckerei sowie Gewebekonstruktion auf dem Stundenplan.

Ich wollte von Beginn an Einblick ins Berufsleben bekommen. Die Praxisnähe ist toll.

Marie Gräber

„In der Schule habe ich mich besonders für naturwissenschaftliche Fächer interessiert. Außerdem nähe ich gerne. Diese beiden Richtungen kombiniert mein Studiengang perfekt“, resümiert die Textillaborantin, die für das Studium von Hannover nach Mönchengladbach gezogen ist. Dass es ein duales Studium werden sollte, war von vornherein klar: „Ich wollte von Beginn an Einblick ins Berufsleben bekommen. Die Praxisnähe ist toll.“ Sie räumt aber ein, dass ein duales Studium auch einen erhöhten Planungsaufwand bedeutet.

Praxissemester und Bachelorarbeit

Beworben hat sie sich direkt bei der Prüfstelle und wurde daraufhin zu einem Schnuppertag eingeladen. „Ich konnte mir ein Bild von meinem künftigen Arbeitsalltag machen. Was ich erlebt habe, hat mir gefallen.“ Nach einem Vorstellungsgespräch mit der Personalabteilung der Hochschule und der Ausbildungsleitung konnte sie schließlich ihren Ausbildungsvertrag unterzeichnen und war damit gleichzeitig an der Hochschule angenommen.

Im kommenden Semester wartet noch ein Praxissemester auf die duale Studentin: „Ich habe mich bei verschiedenen Unternehmen in der Textilindustrie beworben“, berichtet die 22-Jährige, die sich bereits auf die neuen Erfahrungen freut.

Anschließend steht dann noch die Bachelorarbeit an. Wo es sie nach ihrem Studienabschluss hinführen wird, hält sich Marie Gräber offen: „Mich interessiert vieles, vor allem Outdoor-Bekleidung, technische Textilien oder Schutzkleidung. Wahrscheinlich hänge ich noch einen Master an.“

Info

Studiengang: Textil- und Bekleidungstechnik

Ausbildungsberuf: Textillaborantin
Unternehmen: Öffentliche Prüfstelle für das Textilwesen der Hochschule Niederrhein im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik
Hochschule: Hochschule Niederrhein, Campus Mönchen-Gladbach
Dauer: 4,5 Jahre
Abschlüsse: Bachelor of Science und IHK-Abschluss